27. Juni 2013

Irakische Botschaft in der DDR













Die ehemalige irakische Botschaft in der DDR war, nachdem sie Anfang der neunziger Jahre aufgegeben wurde, immerhin für die Medien so interessant, das sie der „New York Times“ oder dem „Spiegel“ Artikel wert war, was allerdings weniger an ihrer Bedeutung als verlassener Ort, sondern mehr an den damaligen politischen Umständen lag. Das Gebäude wurde 1974 aus, wie in der DDR üblich, Betonplattenbauelementen gebaut. Zum einen ist dadurch das Gebäude heute noch recht stabil, zum anderen hat Beton die Eigenschaft, auch nach dem Trocknen Wasser zu speichern, was zu einer Menge Algen- und Schimmelbewuchs geführt hat. Es lag mit einer Reihe ähnlich gebauter Botschaften im ehemaligen Diplomatenviertel Ostberlins, die heute bereits zu Geschäftshäusern umgebaut wurden und war den übriggebliebenen Möbeln zufolge mit dem typischen sozialistischen Funktionalluxus ausgestattet. Mit der Wende wurde diese Vertretung wie viele andere geschlossen und sollte eigentlich als Außenstelle der Botschaft in Bonn genutzt werden, allerdings reisten die Diplomaten mit Ausbruch des zweiten Golfkrieges 1991 ab, ohne die Botschaft zu räumen. In den folgenden Jahren wurde das Gebäude nicht nur von Fotografen, sondern auch vom Berliner Szenepublikum als Partyort entdeckt, musste als Musikvideokulisse herhalten, Souvenirjäger sollen Bilder Saddam Husseins und andere Devotionalien reihenweise weggeschleppt haben und 2003 wurde dann auch hier ein Brand gelegt. Der Irak hatte in diesen Jahren durchaus andere Sorgen, als sich um eine seiner aufgegebenen Botschaften zu kümmern, und auch wenn Gebäude und Grundstück der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger der Deutschen Demokratischen Republik gehören, so hat doch der Irak ein zeitlich unbegrenztes, unentgeltliches Nutzungsrecht und der Ort gilt wie alle Botschaften als exterritoriales Gebiet. Die heutige irakische Botschaft in Berlin, die sich vor allem von der medialen Darstellung der „verrotteten Botschaft“ distanzieren möchte, hat im Übrigen in einer Pressemitteilung klargestellt, dass sie sich sehr wohl um die Sicherung des Gebäudes kümmere und die fehlenden Akten und Bilder nicht entwendet, sondern von ihr sichergestellt wurden. Allerdings kann man heute noch herumliegende persönliche Unterlagen wie medizinische Befunde oder Visabewilligungen finden, reihenweise ausgekippte Akten, Bücher und Propagandamaterial des alten irakischen Regimes, die von „Besuchern“ durchwühlt wurden, sowie Schreibmaschinen und zerstörte Fernmelde- und Kryptotechnologie aus den achtziger Jahren. Eine Absicherung gegen Vandalismus findet nicht wirklich statt.


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